
Untertitel: Ein Gesunder fühlt Erkrankungen so gut nach, wie ein Millionär die Armut begreift.
Ein fiktiver Dialog
Hinweis: Der nachfolgende Dialog ist stark überzeichnet, macht jedoch weit verbreitete, oft subtile Formen der Abwertung sichtbar. Die sozialen Probleme werden im psychosozialen Kontext oft als „zweite Krankheit“ bezeichnet.
Ich habe für den Dialog eine physische Einschränkung gewählt, die auf den ersten Blick auch unsichtbar sein kann, aber mit unbestreitbaren Einschränkungen verbunden ist. Ich verwende sie, um aufzuzeigen, wie absurd Stigmatisierungen sein können. Ich möchte die im Dialog verwendete Einschränkung auf keinen Fall abwerten.
Viele Menschen mit Depression berichten, dass sie sich sogar ein Bein amputieren lassen würden, wenn die Depression damit besiegt sei.
Zwei Bekannte telefonieren – Peter und Paul.
Peter (P1) ist der gesunde Anrufer.
Paul (P2) ist der Erkrankte.
Peter (P1): Hallo Paul, du gehst ja mal ans Telefon. Endlich erreiche ich dich.
Paul (P2): Ja, tut mir leid. Ich brauchte etwas Zeit für mich.
Peter (P1): Ich habe mir Sorgen gemacht! Denk doch mal an deine Freunde!
Paul (P2): Tut mir leid. Mir fällt zur Zeit alles schwer, ich habe ein ernsthaftes Problem mit der Wirbelsäule. Die Schmerzen steigen mir so in den Kopf,… ich kann an nichts anderes mehr denken.
Peter (P1): Was? Das ist doch nicht so schlimm?! Ich habe auch mal Rückenschmerzen. Kein Drama! Wenn ich klar komme, schaffst du das auch.
Paul (P2): Nein ehrlich. – Ich weiß nicht, wie ich es am besten erklären soll. – Ich bin… ich bin leider querschnittsgelähmt. Und eigentlich… eigentlich schon sehr lange.
Peter (P1): Oh, ehrlich? Das tut mir leid. Aber schon sehr lange? Jetzt auf einmal? Du hast doch vorher nie darüber gesprochen! So aus heiterem Himmel? Klingt fast etwas unglaubwürdig! Mir ist jedenfalls nie etwas aufgefallen.
Paul (P2): Ich habe nie darüber gesprochen, das stimmt. Erst seit ich eine Diagnose habe und in Behandlung bin, sage ich das auch. Aber ich will damit nicht hausieren gehen. Außerdem fühle ich mich unsicher und schäme mich.
Peter (P1): Mir ist deine Querschnittslähmung jedenfalls nie aufgefallen. Du warst immer gut gelaunt und standst voll im Leben. Oder erhoffst du dir irgendwelche Vorteile? Mehr Urlaub? Keine Lust auf Arbeit?
Paul (P2): Mir fiel eigentlich schon immer vieles sehr schwer. Man sieht nur, was man sehen will und ich habe mir halt nichts anmerken lassen. Welche Vorteile habe ich denn? Ich sehe nur Nachteile.
Peter (P1): Tut mir leid, aber ich halte das fast für eine billige Ausrede. Wir haben alle unsere Probleme. Wenn du Krebs hättest, ok! Heutzutage will jeder querschnittsgelähmt sein. Früher kamen die Menschen auch ohne Jammern klar.
Paul (P2): Der Arzt meinte, es wäre eine schwere Erkrankung.
Peter (P1): Der Arzt verdient Geld mit dir! Also komm, du musst einfach den Kopf frei kriegen und mal bisschen in die Sonne gehen, dann zappeln die Beine wieder von ganz allein. Sport soll Wunder bringen. Bisschen weniger klagen und einfach mehr lachen!
Paul (P2): Ich glaube, ich werde in die Klinik müssen.
Peter (P1): Ach hör auf! Gleich in die Klinik? Bei Schnupfen brauche ich auch nicht gleich Antibiotika. Ich hab gehört, Querschnittslähmungen lassen sich sehr gut behandeln.
Paul (P2): Ich habe schon drei Therapien hinter mir.
Peter (P1): Drei Therapien schon? Und dir geht es immer noch nicht besser? Was das kostet!
Paul (P2): Es würde mir irgendwie besser gehen, wenn du nicht alles in Zweifel ziehst, relativierst oder mich angreifst. Niemand verlangt von dir, dass du es verstehst. Aber dann schweig am besten. Der Arzt hat mir die Klinik jedenfalls ans Herz gelegt.
Peter (P1): Das kommt bestimmt davon, weil du dich schlecht ernährt hast. Das rächt sich jetzt. Im Grunde bist du selbst schuld!
Paul (P2): Ich kann nur bedingt was dafür, dass meine Wirbelsäule leicht brechen konnte. Ich brauche jetzt eigentlich vor allem Unterstützung, um gesund zu werden.
Peter (P1): Und jetzt sollen wieder andere für deine Misere schuld sein? Und dann auch noch in die Klinik. Die Allgemeinheit zahlt dafür, dass du dein Leben nicht im Griff hast?
Paul (P2): Tut mir leid. Ich wünschte mir selbst, es wäre anders. – Lass uns doch lieber über etwas anderes unterhalten!
Peter (P1): Nein, ehrlich! Es dreht sich immer nur um dich. Du bist nicht der Mittelpunkt der Welt. Hast du mich mal gefragt, wie es mir geht? Oder die vielen anderen? Da habe ich echt kein Verständnis für. Komm bitte alleine damit klar und lass mich in Ruhe! Wenn du schon nichts für deine Gesundheit tust! Unsere Freundschaft ist beendet. Schönes Restleben noch.
Paul (P2): …
Telefon: KLACK! Tüüüüüüüt.
Aufklärung: Mechanismen der Stigmatisierung
Die Stigmatisierung von Menschen mit unsichtbaren oder psychischen Erkrankungen ist nicht nur ein individuelles Problem, sondern tief in gesellschaftliche Strukturen eingebettet. Diese Mechanismen resultieren aus kulturellen Normen, ökonomischen Prioritäten und mangelnder Aufklärung. Häufig läuft es bei Vorurteilen und Stigmatisierung auf folgende Mechanismen hinaus: Bagatellisierung, Schuldzuweisung, fehlende Empathie und Relativieren. Im Folgenden werden diese Mechanismen, die alle im Dialog vorkommen, analysiert:
- „Ach, so schlimm ist das doch nicht“ – Bagatellisierung & Relativierung
Eine weit verbreitete Form der Stigmatisierung ist die Verharmlosung. Betroffenen wird unterstellt, sie würden übertreiben, sich etwas einbilden oder schlicht „zu sensibel“ sein und das Leid wird auf etwas Alltägliches reduziert. Oft geschieht dies durch gut gemeinte, aber verletzende Vergleiche mit eigenen Alltagserfahrungen: „Mir geht’s auch mal schlecht“ oder „Das hatte ich auch – da hilft Ablenkung.“ Solche Relativierungen ignorieren, dass psychisches Leiden individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt ist – in Tiefe, Dauer und Wirkung. Sie setzen Symptome gleich, die auf völlig verschiedenen Ebenen stattfinden. Für die Betroffenen bedeutet das nicht nur Entwertung, sondern auch soziale Isolation. Häufig steckt hinter der Bagatellisierung auch die eigene Überforderung mit dem Thema. Statt sich einzugestehen, dass man nicht helfen kann, wird das Problem klein geredet – mit schwerwiegenden Folgen für die, die Unterstützung bräuchten. - „Du denkst nur an dich“ – Ablehnung von Selbstfürsorge
Betroffene werden als „egoistisch“ abgestempelt, wenn sie Prioritäten auf ihre Genesung legen. Wer krank ist und sich zurückzieht, „Nein“ sagt oder Hilfe sucht, wird schnell als unzuverlässig, faul oder selbstbezogen abgestempelt. In einer Kultur, die Leistung, Durchhaltevermögen und ständige Verfügbarkeit idealisiert, wird Rücksicht auf die eigenen Grenzen oft als Schwäche oder mangelndes Engagement bewertet. Die Betroffenen fühlen sich mitunter selbst schuldig, wenn sie für sich sorgen. Abwertende Kommentare verstärken die soziale Isolation. Willenskraft und Optimismus allein werden als Lösung der Probleme anerkannt, da diese kulturellen Ideale tief verwurzelt sind. Solche Abwertungen ignorieren, dass viele Krankheiten professionelle Hilfe erfordern und nicht durch bloße „Einstellung“ überwunden werden können. - „Das glaub ich dir nicht“ – Misstrauen gegenüber Diagnose & Behandlung
Menschen wird nicht geglaubt, weil die Symptome nicht offensichtlich sind. Unsichtbare Erkrankungen werden oft als Ausrede angesehen. Es wird unterstellt, dass Betroffene von Krankheit oder Behinderung profitieren wollen. Dies kann zu einer zusätzlichen Belastung führen, weil sie ständig ihre Leidensgeschichte beweisen müssen, was mitunter retraumatisierend wirkt. So führt die Unsichtbarkeit einer Erkrankung zu doppeltem Leid: zur Krankheit selbst – und zur gesellschaftlichen Infragestellung ihrer Existenz. Das Misstrauen gegenüber der Diagnose wird oft durch Vorurteile gegenüber medizinischer Behandlung verstärkt. Ärzten und medizinisches Personal wird ein rein ökonomisches Interesse unterstellt. - „Reiß dich zusammen“ – Sozialer Druck & Leistungsdenken
Erkrankte werden oft als „Last“ für die Leistungsgesellschaft wahrgenommen. Die dahinterstehende Erwartung ist klar: Auch psychisch Erkrankte sollen „funktionieren“ – möglichst unauffällig, effizient und ohne Störung des Arbeits- oder Sozialalltags. Wer das nicht schafft, gilt schnell als schwach, anstrengend oder undankbar. Sprache spielt dabei eine zentrale Rolle: Sätze wie „Reiß dich zusammen“, „Anderen geht’s auch schlecht“ oder „Das wird schon wieder“ suggerieren, dass der Wille allein ausreichen müsse – und verkennen, dass viele Erkrankungen eine professionelle, langfristige Behandlung erfordern.
Auch die Kritik an den Kosten für Therapien oder Klinikaufenthalte ist Ausdruck eines Systems, das Effizienz und Kostendämpfung über Menschlichkeit stellt. - „Du bist doch selbst schuld“ – Schuldzuweisung
Eine besonders belastende Form der Stigmatisierung ist die Schuldzuweisung. Betroffenen wird oft unterstellt, sie seien selbst verantwortlich – durch „falsches Denken“, mangelnde Willenskraft oder schlechte Lebensentscheidungen. Die Krankheit erscheint dann nicht als etwas, das jemandem widerfährt, sondern als etwas, das er oder sie sich eingebrockt hat. Diese Sichtweise entlastet das Umfeld – denn wenn die Ursache in der betroffenen Person liegt, braucht man sich selbst nicht zu fragen, wie man helfen könnte. Für die Betroffenen jedoch bedeutet dies: Scham, Rückzug und Zweifel am eigenen Erleben. Sie beginnen, sich selbst die Schuld zu geben, nehmen ihre Situation weniger ernst oder vermeiden notwendige Hilfe. Auch gesellschaftlich zeigt sich diese Haltung: Längere Krankheitszeiten oder Arbeitsunfähigkeit werden häufig als persönliches Versagen gedeutet – anstatt als Ausdruck eines unzureichend unterstützenden Systems. - „Dann meld dich halt nicht mehr“ – Abbruch sozialer Beziehungen
Stigmatisierung zeigt sich nicht nur in offenen Vorurteilen, sondern auch in den stillen Rissen zwischen Menschen. Psychisch Erkrankte erleben oft, dass Freundschaften oder Beziehungen zerbrechen – nicht selten, weil ihr Verhalten (z. B. Rückzug, Unzuverlässigkeit, Stimmungsschwankungen) missverstanden und negativ gedeutet wird. Hinter solchen Reaktionen stehen häufig stigmatisierende Annahmen: Dass psychisches Leiden selbstverschuldet, übertrieben oder sozial störend sei. Auch das Schweigen, die Vermeidung oder das „Sich zurückziehen“ des Umfelds sind Ausdruck einer Unsicherheit, mit dem Thema umzugehen – sie wirken jedoch wie Ablehnung. Viele Betroffene ziehen sich aus Angst vor Abwertung selbst zurück – nicht, weil sie keine Nähe wünschen, sondern weil sie negative Reaktionen antizipieren. Diese wechselseitige Dynamik verstärkt das Leid und führt in soziale Isolation. - „Psychisches? Dafür ist kein Geld da“ – Kritik am Gesundheitssystem
Das Gesundheitssystem trägt selbst zur Stigmatisierung bei, wenn psychische Erkrankungen nicht die gleiche Priorität erhalten wie körperliche. Lange Wartezeiten auf Therapieplätze, zu wenig Angebote zur Prävention und hohe Zugangshürden zeigen: Die Gesellschaft investiert nicht ausreichend in die mentale Gesundheit ihrer Mitglieder.
Obwohl Prävention nachweislich individuelles Leid lindern und langfristig Kosten senken könnte, wird sie oft vernachlässigt. Programme zur Stressbewältigung, Arbeitszeitgestaltung oder psychologischen Unterstützung am Arbeitsplatz hätten großes Potenzial – werden jedoch selten flächendeckend und nachhaltig gefördert. - „Im Fernsehen war das ganz anders“ – Verzerrung und Bildung
Medienberichte verstärken häufig Vorurteile, indem sie extreme Einzelfälle zeigen – etwa Betrug, Spontanheilungen oder angebliche Gefahren für andere. Psychische Erkrankungen werden oft romantisiert (z. B. als Quelle von Kreativität) oder Heilungschancen pauschal als günstig dargestellt, ohne den individuellen Verlauf zu berücksichtigen. Dass viele Erkrankungen chronisch verlaufen, Rückfälle beinhalten und sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können, wird dabei oft unterschlagen.
Diese einseitige Darstellung fördert verzerrte Vorstellungen und Misstrauen gegenüber Betroffenen, die nicht ins stereotype Bild passen. Eine differenzierte Berichterstattung, die die Vielschichtigkeit psychischer Erkrankungen sichtbar macht, könnte das gesellschaftliche Verständnis verbessern. Auch die Enttabuisierung durch verpflichtende Schulungen oder Aufklärungskampagnen kann helfen, Stigmatisierung langfristig abzubauen. Bildung spielt eine zentrale Rolle im Kampf gegen Vorurteile – sie schafft die Grundlage für Empathie, Akzeptanz und soziale Teilhabe.
Nachbemerkungen:
- Der Dialog ist 100% KI-frei.
- Der Abschnitt „Aufklärung“ wurde mit Hilfe von KI erstellt und bearbeitet.
- Persönliche Erlebnisse: Möchte ich nicht teilen. Davon gab es genug!
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