Streitschrift: „Sommer-Enttäuschung 2018“

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Bild: Bing Create | Stichwort: Surrealismus

Vorwort und wichtiger Hinweis:
Die folgenden Gedanken und Ansichten in Sommer Enttäuschung 2018 sind rein persönlicher Natur, die nicht über ein Schwarz-Weiß-Schema hinaus kommen. Sie deuten darauf hin, dass ich unter Solastalgie leide. Im Grunde entstand der Text in einer Phase wütender Ohnmacht. Die Aussagen sind scharf und angreifend. Man sollte den Text als eine Art Wutbrief verstehen, der aus therapeutischen Gründen entstanden ist. Ich stelle ihn online, weil ich faszinierend finde, dass kurz danach Greta Thunberg weltweit bekannt wurde. Fridays for Future haben mir in gewisser Weise sehr gut getan. Als ich das erste Mal auf einer Demo in Berlin war, stockte mir zunächst der Atem und Tränen der Freude liefen mir über die Wangen, als ich die vielen jungen Menschen sah. – Aber alles ist im Wandel. Das Hoch der Klimabewegung liegt erstmal hinter uns und mittlerweile (2024) erleben wir in Europa und in vielen anderen Teilen der Welt einen Rechtsruck, der meiner Ansicht nach die Klimakrise (eigentlich eine Katastrophe) und das Erodieren von Demokratie, also freien Gesellschaften, verschärfen wird.
Zum Glück fühle ich mich seit einiger Zeit nicht mehr so verletzlich. Den nachfolgenden Text würde ich in dieser Art und Weise ganz sicher nicht mehr schreiben.


Einleitung Pressemeldungen:
Der Sommer 2018 war der zweitheißeste seit Beginn regelmäßiger Messungen im Jahre 1881. Ende Juli und Anfang August trumpfte der Sommer mit großer, anhaltender Hitze auf. Frankfurt am Main registrierte 18 Tage hintereinander über 30 Grad. Bernburg an der Saale meldete insgesamt zwölf Tage mit mehr als 35 °C. Der Sommer ging mit der stärksten Trockenheit seit 1911 einher. Im August zeigten sich Wiesen völlig verdorrt, Bäume warfen ihre Blätter ab und kleinere Flüsse versiegten. Der Astronaut Alexander Gerst war schockiert, als er Deutschland aus der Raumstation ISS sah: „Alles vertrocknet und braun, was eigentlich grün sein sollte!“ In der Landwirtschaft entstanden Schäden in Milliardenhöhe. –
Meteorologische Extremereignisse, einschließlich Temperaturrekorde und Hitzewellen, Dürren und intensive Starkniederschläge haben die erste Hälfte des Sommers an außergewöhnlich vielen Orten der nördlichen Hemisphäre geprägt. Dies hatte weitreichende Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, die Landwirtschaft und Infrastrukturen und führte zu verheerenden Waldbränden.
(Quelle 1 und 2.)


Sommer-Enttäuschung

Berlin, August 2018

Die maßlose Zerstörung der Erde macht mich traurig und den zynischen Fatalismus der Spaßgesellschaft finde ich abstoßend. Meiner Ansicht nach ist gutes Leben mit einen anderen Lebensstil, als dem heute vorherrschenden, nicht nur eher möglich, sondern auch gedeihlicher. Dazu muss man nicht zurück ins Mittelalter und der Spaß bliebe auch nicht auf der Strecke.

Für mich sind schlechte Handlungen auf der individuellen Seite, die man ohne einen bedeutenden Verlust sofort und nahezu komplett einstellen kann: Fleischverzehr, Autofahren, Flugreisen. – Schlecht deshalb, weil im Sinne einer (eingebildeten) Abhängigkeit moralische Grundsätze außer Kraft gesetzt sind.

Anstatt unser Umfeld so lebenswert wie möglich zu gestalten, sind uns Straßen und das Auto so übertrieben wichtig, dass gutes Leben vor Ort als ein Anrecht für Alle verhindert wird. Autos schaffen es, dass die schönste Stadt hässlich wird, – durch das Fahren Vieler, durch die potenzielle Gefahr und der daraus folgenden Einschränkung Anderer, durch den Gestank, durch den Lärm, durch das massenhafte Zustellen von Fläche. Kein Wunder also, dass viele mit ihrer übersteigerten Erlebnissuche oder -sucht in ein Urlaubsparadies fliegen und fliehen, wo alles darauf ausgelegt ist zu gefallen. Für mich ist das Wort „Urlaubsparadies“ eine vorwegnehmende Vergewaltigung von Ökosystemen, mindestens ein achtlos geführtes Unwort und auch Zeugnis unserer Mentalität. – Wir machen aus allem Disneyland.

Auch der Fleischverzehr ist beschämend. Es wird immer wieder der Metzger des Vertrauens gelobt, obwohl hunderte Millionen hoch empfindungsfähige Tiere jedes Jahr aufs Neue in der Massentierhaltung gequält und umgebracht werden. Massentierhaltung ist ein kollektives Vergehen mit heftigen ökologischen Schäden.

Die Mehrheitsgesellschaft, ein Frosch im (Osterinsel-)Kochtopf, scheint von Werbung, Boulevard-Medien oder von den bunten Bildern der digitalen Scheinwelt so gehirngewaschen zu sein, so übermäßig Ich-fixiert, uneinsichtig und unnachgiebig, dass sie alle (kommenden) Naturkatastrophen und „Flüchtlingskrisen“ und andere Probleme verdient hat. Dabei trifft es oft zuerst und dann zuletzt auch immer Andere und all die einhergehenden Verwerfungen kann sich eigentlich niemand wirklich wünschen.

Eine Wandlung aber, eine Metamorphose des Menschen wird es wahrscheinlich nicht so schnell geben. Ein trauriges Beispiel war die lautstarke Empörung über einen politischen Vorschlag, die (Konsum-) “Freiheit“ durch Einführung eines einzigen Veggie-Kantinentags, der Umwelt wegen und zur Bewusstseinsbildung das es auch ohne Fleisch geht, einzuschränken. Die Grünen wurden sofort als Verbotspartei abgestempelt. Die Empörung ist groß, weil Berlin sich traut, endlich den Fahrradverkehr zu stärken. Ich will nicht wissen, wie heftig die Entrüstung ausfallen würde, wenn Berlin echte autofreie Sonntage einführte. Das gäbe richtigen Tumult. Es ist traurig, aber es ist wahr: Die Leute führen sich wie kleine Kinder auf. Leider. – Ich wünschte mir, es gäbe bundesweite „Wir wollen uns ändern!“- Großdemonstrationen, das würde mir jedenfalls gefallen, wenn man echte Bereitschaft, wahren Gestaltungsmut zeigte. – Aber die Leute, die („freie Fahrt für freie Bürger“) gerne ungebremst gegen die Wand fahren wollen, weil der Airbag angeblich gut funktionieren wird und / oder weil die Wand nicht menschengemacht ist, die finden diesen Sommer ja überwiegend auch toll („Endlich mal wieder richtig Sommer“), wollen ihn nicht als Vorgeschmack der Klimaerwärmung begreifen, spielen die möglichen Folgen herunter und werden weiterhin gekonnt verdrängen, was da vor sich geht („Nach mir die Sintflut“).

Wo bleibt also ein anhaltender Wille zur Veränderung? Warum sind wir so unflexibel? Weil uns die Ausreden nicht ausgehen? Weil wir, wenn es uns in den Kram passt, lieber krude Minderheitenmeinungen Glauben schenken (bspw. AFD und Klimawandel = Stimmenfang). Weil wir meinen, uns den Luxus noch leisten zu können, bequem zu bleiben?

Ich würde gerne in einer schönen, guten und bescheidenen Welt, in einer öko-sozialen Gesellschaft leben, aber das bleibt wohl Utopie.

( Meine Meinung. Ich bin kein Politiker, der irgendwen irgendwie abholen muss. Wer sich angegriffen fühlt, soll bitte nicht mir die Schuld dafür geben. Wer mich persönlich kennt und damit nichts anfangen kann, soll mich diesbezüglich einfach in Ruhe lassen.)


Nachwort:

„Die höchste Form der Hoffnung ist die überwundene Verzweiflung.“

Albert Camus

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